Mehr als ein Weihnachtsgeschenk.

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Das Gängeviertel in Hamburg ist drei Jahre nach der Besetzung sicher vielen bekannt. Drei Jahre nach der Umgestaltung von einem verlassenen Spekulationsobjekt zu einem selbstverwalteten Zwischenraum ist aus dem Kreis der Aktiven das Buch “Mehr als ein Viertel” veröffentlicht worden.
Weil festgestellt wurde, dass durch die Initiative zwar reale Räume und viele Bilder produziert worden sind, über das Gängeviertel aber meistens Menschen von außerhalb geschrieben haben, wollten am Entstehungsprozess Beteiligte ihre eigene Perspektive, ihr eigenes Wissen und Unwissen reflektieren und mitteilen.

Ich finde das außerordentlich spannend, weil mit der unkommerziellen und selbstverwalteten Rückeroberung des Gängeviertels etwas geschehen ist, was in den Zeiten ökonomisch orientierter Stadtentwicklung kaum vorstellbar war.

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In dem nun erschienenen Buch geht es um die Idee, die Entstehungsgeschichte und die Magie des Eröffnungsfestes, es wird auf die Organisationsstruktur und Aspekte der Selbstverwaltung eingegangen, aber auch der Kunstbegriff wird diskutiert. Es kommen andere autonom organisierte Projekte wie Hafenstraße und Rote Flora zu Wort – es wird aber auch die Historie des Viertels und die Rolle des ehemaligen Arbeiterviertels in Zusammenhang mit heutiger Kapitalismuskritik gebracht.

Bei aller Euphorie kommen damit die Fragen, die Zweifel, die Fehler nicht zu kurz und es wird schnell klar, dass dieses Buch aus dem laufenden und sich ständig weiter entwickelnden Projekt heraus geschrieben wurde. Es ist bemerkenswert, was eine gut organisierte Vertretung der Interessen von in der Stadt eher weniger beachteten Menschen bewirken kann. Und wie anstrengend und zermübend das auch sein kann. Und es wird deutlich, wie wichtig organisierte kulturelle und politische Szenen und Zusammenhänge sind – und wahrscheinlich ist genau das der Grund, weshalb diese Szenen von öffentlicher Seite marginalisiert werden, nicht gefördert werden oder nicht selten auch von Repression betroffen sind. Sie könnten ja ernsthaft in der Lage sein, die etablierte Zeremonie des Kuchenaufteilens unter den üblichen Verdächtigen zu stören.

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Im Internet findet man leicht viele Bilder, Texte und Filme über das Gängeviertel. Das Besondere an dem Buch “Mehr als nur ein Viertel” ist die Darstellung aus Sicht von Beteiligten, so dass hier auch nur auf die Homepage des Gängeviertels verwiesen werden soll. Den Rest werdet ihr auch finden.

Die Texte sind eine klare Aufforderung, selbst in die Gänge zu kommen – und zwar nicht nur in Hamburg, sondern überall, um die Gestaltung der Stadt nicht Institutionen zu überlassen, die von den Vorstellungen der Menschen keine Ahnung haben.

Und wenn es schon um die Bedeutung alternativer Räume geht, so sei
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es das Buch nicht nur über das
Internet und die üblichen Buchläden zu kaufen gibt, sondern dass es im Infoladen im Exzess in Bockenheim ausgeliehen oder gekauft werden kann.

Buch: “Mehr als ein Viertel: Ansichten und Absichten aus dem Hamburger
Gängeviertel”, Verlag Assoziation A, ISBN 978-3-86241-418-5, 240 Seiten,
Paperback, 206 vierfarbige Fotos und Illustrationen, 18.00 €

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