Geisterstunde – Das Interview mit Spot / CityGhost

Hier nun die Fortsetzung der Interviewreihe, diesmal steht uns “Spot” Rede und Antwort… (angereichert mit Bildmaterial vom passant, im virtuellen Nest der Geister finden sich mittlerweile zahlreiche Verweise auf Bildersammlungen im Netz…)

Enjoy it!

In Frankfurt begegnen einem die CityGhosts zwangsläufig. Zehn Jahre aktives Sprühen von „Spot“ sind an dieser Stadt offensichtlich nicht spurlos vorübergegangen und auch über die Szene hinaus sind CityGhosts bekannt und beliebt. Zeit, mal den Ghostwriter zu befragen…


1. Hi Spot, du bist schon länger als Straßenkünstler unterwegs – bist du Writer oder Streetartist?

Es ist ein wenig paradox. Von Hause aus bin ich Writer, meine Figuren würde man aber eher in die Streetart Schublade stecken. Was ich mir bisher bewahrt habe, ist mein bevorzugtes Medium – die Dose. Die Motive jedoch können streng genommen nicht unter dem klassischen Graffiti Begriff subsumiert werden. Von daher könnte man sagen, ich bin ein Straßenkünstler, der seine unorthodoxen New- School Motive mit klassischen Werkzeugen anfertigt.

2. Siehst du eher Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen Graffiti und Streetart?

Obwohl es sich etwas anzugleichen scheint, überwiegen noch immer erhebliche Unterschiede. Streetart Künstler haben oft keinen Anspruch daran all-city zu sein und entweder politische oder rein ästhetische Beweggründe. Writer auf der anderen Seite sind in den allermeisten Fällen auf reine Masse bedacht. Was beide Gruppen eint, ist letztendlich ein gewisses Maß an Resonanz zurückzubekommen. Ob das nun von der Szene oder Außenstehenden kommt und unwichtig, ob die Resonanz als Fame oder kritische Auseinandersetzung bezeichnet wird. Man erhofft sich Aufmerksamkeit, gepaart mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Drang die Identifikation mit dem eigenen sozialen Umfeld mittels der künstlerischen Gestaltung durch Dose oder Kleister zu stärken.

3. Wieviel unterschiedliche Charaktere finden sich unter den Geistern oder sind alles Unikate?

Die Geister sind in ihrer Ähnlichkeit zueinander sehr heterogen. Die Unterschiede sind nicht groß, aber für Kenner deutlich erkennbar. Unterscheidungsmerkmale sind zum einen der Entstehungszeitpunkt. Ein Freund sagte mir mal, dass die frühen Ghosts ausgeprägtere Nasen hätten. Is mir nie so aufgefallen, aber es stimmt! So nach dem Motto: Je größer der Zinken, desto älter. Zum anderen spielt häufig die Farbe und die Umgebung des Bildgrundes eine Rolle, welche Mimik der Geist bekommt.

4. Ghosts sieht man auch in U-Bahn-Tunneln – welchen Reiz üben Tunnel, Trains und U-Bahnen auf dich aus?
Ein immanent wichtiger Punkt bei der Auswahl meiner Bildträger ist eine möglichst lange Sichtbarkeit. In den Tunneln wird nicht gebufft –zumindest in Ffm nicht. Die Bilder die dort unten stehen, überdauern höchst wahrscheinlich alle anderen, die oben gemalt werden. Und manchmal sogar den Künstler selbst. Ich denke da natürlich an SAIR, den selbsternannten Tunnelking Frankfurts, dessen Werke mir immer wieder begegnen und mich – neben den anderen GBF-Pieces – stark beeinflusst haben. Eins seiner unverkennbaren T-ups hat mich überhaupt erst dazu bewogen selbst die Tunnel Frankfurts auszukundschaften. Vom Dornbusch bis Schweizer Platz und Ostbahnhof bis Kirchplatz. Es geht eine ganz eigene Magie von den alten Abstellgleisen, Schächten und den wie in einer Zeitblase steckenden Tags aus. Gerade im Winter male ich gerne ein paar Stockwerke tiefer, da es in den Tunneln in dieser Jahreszeit angenehm warm ist.

5. Wie würdest Du die Entwicklung der Geister in all den Jahren beschreiben?

Uneinheitlich, impulsiv und irrational.

6. Was hältst du davon, wenn deine Geister auf (Lein-)Wänden in Wohnzimmern hängen? Wie stehst du zu Streetart/Graffiti in Galerien und Museen und zu kommerziellen Aufträgen?
Ich habe zu dieser Frage ein gespanntes Verhältnis. Generell gesprochen, hab ich es immer so gehandhabt, dass Auftragsarbeiten entweder von vorneherein unentgeltlich oder zur Finanzierung meines Doppellebens gedient haben. Oft habe ich als Gegenleistung ganz profane Dinge, wie´n Sixer beim Kiosk, Gästelistenplätze oder einfach nur schöne Fotos erhalten. Die Vorstellung mein Leben mit den Geistern bestreiten zu können ist sehr verlockend, aber utopisch. Was klar sein muss, Street- Art gehört auf die Straße und nicht ins Museum.

7. Man liest, dass du oft alleine unterwegs bist, um die Geister in die Stadt zu entlassen. Am Ostbahnhof gab es ja bis vor kurzem ein Spot-Piece, es gibt auch noch einige Spot-Sticker und sonst sieht man die Geister ja auch in der Nähe der Buchstaben R, M und C. Malst Du mehr als Geister und welche Bedeutung hat Deine Crew für Dich?
Ich war eigentlich immer mehr ein lonely wolf als ein Rudeltier, wenns ums Sprayen geht. Es gab auch mal eine Zeit vor den Gespenstern, in denen ich hauptsächlich mit meinen Jungs rausgegangen bin. Seit dem die Geister aufgeblitzt sind, male ich jene jedoch fast ausschließlich. Trotzdem gehe ich hin und wieder mit meiner Crew und auch anderen Leuten malen. Dann jedoch weniger Eierköppe sondern eben die drei Letter oder anderes. Zu der Rhein Main Connection habe ich ein sehr vertrautes, enges, über eine normale Freundschaft weit hinausgehendes Verhältnis. Da nicht alle in Funktown wohnen, sondern wie der Gründungsname schon sagt am Rhein entlang und auch an der Spree, beschränken sich die Gesamt-Crew- Treffen zwar nur auf ein, zweimal im Jahr. Aber diejenigen die hier wohnen, zählen zu meinen engsten Freunden.

8. Wie würdest generell die Frankfurter Graff-Szene beschreiben? Wie hat sich die Szene in den Jahren verändert? 
Ich war nie ein Szenegänger und hab es vorgezogen alleine oder mit meiner Crew loszuziehen, deshalb kann ich kein Gesamtbild liefern. Es ist sehr zersplittert und es wird auch oft gefrontet, was ich nie verstanden hab, denn wir sitzen doch alle im selbem Boot. Es liegt vielleicht auch an der Frankfurter Mentalität, dass man sich zumindest verbal eher aggressiv gegenüber steht. Dass es auch anders zugehen kann, hat die 5 vor 12 Aktion gezeigt, an der neben uns viele andere mitgemacht haben, um gegen die Schließung von legalen Flächen zu protestieren. Was ca. 40 Maler mit zwei Kofferraumladungen voll Dosen in einer Nacht so alles anstellen können…am nächsten Tag war ich echt beeindruckt!

9. Wie stehst du zum Abriss der Naxoshalle und warum denkst Du wurde das in der Szene so protestlos hingenommen?
Der Protest beginnt momentan wieder mehr zu werden. Die Leute sind aber generell müde geworden sich darüber aufzuregen, denn der Abriss ist auch nur ein weiterer Step des Frankfurter Stadtparlamentes in Sachen keine Toleranz gegenüber Straßenkünstlern zu zeigen. Und so bleibt uns wohl nichts anderes übrig als weiterhin die Stadt voll zu bomben.

11. Any last words?
Grüße gehen an:
Die Relativ Mässigen Circas, Star, Phik, Bcos, Dreist, Kev, Clyp, Ego, Byse, CAS, WGS, DFR, IMR, AK, KN, OSB, DJS, SZ, BSQ, Wodka, Jes, Pint, Egal, Rumor, Jango, Asyl, Fuego, Astro, Tokin, Zoe, Kino, Sik, Tumore, Denk, Ore, Minsk, Fown, Islam, Monsieur Chat, Lose, Inker, Sial, … hab eh welche vergessen, sry

Eine Antwort

  1. Mr. GRM sagt:

    Im GRM-Blog gepostet…

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