Alle fragen sich: was ist nur in Erfurt los?

Graffiti in der Erfurter Innenstadt

Man kann schon davon sprechen, dass Marion Walsmann  gewissermaßen einen Stein ins Rollen gebracht hat: erst letztes Jahr die “Große Graffiti-Anfrage” an den Erfurter Stadtrat, als Reaktion gab es bei Radio Frei ein Feature über das kontrovers diskutierte Thema Graffiti, bei dem u.a. Walsmann ihre These von den Angsträumen formulierte, nächste Woche startet nun das 1. Erfurter Graffiti-Forum und jetzt meldet sich nun auch im Rahmen eines Gastbeitrags in der TA Christoph Stölzl, Präsident der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und fordert dazu auf, Schmierereien an Fassaden mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen.

Seine Thesen, ich war so frei ein paar herauszusuchen, sind durchaus diskussionswürdig:

“Nüchtern kunsthistorisch betrachtet ist gerade mal ein Prozent der Grafitti ein abgestandener Abfall der amerikanischen Untergrund -Comics der 1960er Jahre. 99 Prozent aber sind nichts als Linienmüll, Krikelkrakel, Verschmutzung, mit keinem anderen Zweck, den anonymen Rechtsbrecher zu erfreuen, der wieder mal klammheimlich aus dem Hinterhalt zugeschlagen hat. 


In den Graffiti zeigt sich die hässliche Fratze der Ellbogengesellschaft, der brutale Durchsetzer-Egoismus und ein besonders unsympathischer menschlicher Zug: die Schadenfreude.”


Ev. hat sich Herr Stölzl noch nicht  ganz so gut mit dem Thema auseinandergesetzt, denn Graffiti schreibt sich nicht “Grafitti”.




Hier gehts zum ganzen Artikel: Graffitis sind Vandalismus aus der TA

Edit: Generell scheint Graffiti in Thüringen nicht den besten Stand zu haben: OB Schröter aus Jena verurteilt die jüngst gesprühten Anti-Nazis-Graffitis und erstattet Anzeige gegen unbekannt.

Die Demo gegen den Naziaufmarsch in Jena findet übrigens am 27. Juni statt. Also am Samstag heisst es dann “Nazis wegnaschen”.

7 Antworten

  1. Anonym sagt:

    Graffiti ……und die grauen Wände 🙂 Norbert Leisegang

  2. Anonym sagt:

    nur um ganz kurz einzuordnen woher da die düse pfeift… Christoph Stölzl (CDU), träger des eisernen Bundesverdienstkreuzes erster Klasse für Ordnung und Sauberkeit engagiert sich gegen verschutzte entartete Kund!

    Leider kann man hier nicht anonymen Rechtsbrecher als ID angeben… zum Glück haben wir ja VDS!

  3. Anonym sagt:

    Und wo bleiben die Gegenargumente? Ich mag Graffiti zwar selber, dass setzt dem Gesagten aber nix entgegen.

  4. Anonym sagt:

    Gegenargumente? OK:

    1. Graffiti ist mehr als nur ein abklatsch von Underground Comic-stil beweise finden sich fast überall, dutzende stylerichtungen, abstufungen, verschiedene typografie formen, character usw. Auch Instalationen und ähnliches.
    Der Typ hat sich also nichteinmal mit der Materie auseinander gesetzt.
    Graffiti ist also vielfältig und häufig abstrakt, die qualität liegt im Auge der Betrachtenden.

    2. Europäische Tugenden, Ordnung und Sauberkeit: Europa wird von unglaublich vielen unterschiedlichen Menschen bewohnt und es ist absurd anzunemen dass alle gemeinsame Tugenden teilen würden, der gegenbeweis bin z.b. Ich, ich als "Europäischer Staatsbürger" um es mal so zu sagen, lehne Ordnung und Sauberkeit als Tugenden ab. Und damit bin ich bei weitem nicht alleine.
    Solche Sprüche wie von diesem… Menschen gab es zu Nationalsozialistischen Zeiten viel, ein vereintes Europa der weissen Herrenmenschen, mit besagten Tugenden, die "ihr" Europa von jeglichem anderssein säubern…. NIE WIEDER!

    3. Er sagt im prinzip mit seiner auffassung von "denkmalschutz" und architektur aus, dass nur Menschen mit viel Geld das recht haben den städtischen Raum dauerhaft künstlerisch zu prägen. Ausserdem beszteht schon ein unterschied im kompletten verhüllen eines Gebäudes, was dann nicht mehr zu sehen ist, und demanbringen von farbe auf einem, wenn farbauftrag mit zerstörung gleichzusetzen wäre, dann dürfte niemand mehr fassaden streichen.

    4. Künstlerischer ausdruck und redefreiheit ja, aber nur im sinne der verfassung… oha, das ist doch extremisten scheisse. WIR haben RECHT und wer das anders sieht soll schweigen oder ist ein staatsfeind. Also mich hat nie jemand gefragt ob ich die verfassung so wie sie ist unterschreiben würde… habe ich darum jetzt weniger recht auf ausdruck?

    5. Staatliche repression verstärken… dazu steht unter dem TA artikel auch ein gutes argument. -> was soll der staat denn noch machen, SOKOs, streifen, übertrieben hohe strafen und teilweise als exempel sogar knast gab es alles schon, sollen die jetzt etwa anfangen writer hinzurichten? Ist doch lächerlich. und nebenbei bemerkt auch nicht im sinne der achsowichtigen verfassung, die der Mann ja so zu lieben scheint.

    6. dann macht der kunde auf intelektuell und regt sich über den Begriff "kavaliersdelikt" auf, dessen Wortursprung daher kommt, das früher bestimmte Menschen (adelige) für manches weniger hart bestraft wurden als andere. Das hat heute ander eine völlig andere bedeutung! Dieser Mensch scheint nicht zu verstehen dass Kultur etwas lebendiges, sehr wandelbares ist, zum glück passt sich unsere kultur der lebenssituation der menschen die darin leben an. Logisch: moderne menschen von heute können ja auch mit irgendwelchen barockporträits längst zu staub zerfallener yuppies weniger anfangen als mit zeitgenössischen kunstformen (wie auch graffiti) weil die zeitgenössischen einfach andere, jetzt aktuellere Themen behandeln.

    7. der Gegenagriff: Der Typ lebt in der vergangenheit, sein Kulturbegriff ist eine Mumie, er hat Ansichten die kackbraun gefärbt sind, er hat sich blamiert, weil er ohne sich zu informieren an die öffentlichkeit getreten ist um dort von dingen zu reden, die er nichtmal im ansatz zu verstehen versucht hat.
    Es ist keine schande etwas nicht zu wissen aber es ist peinlich sich lautstark und öffentlich, ungefragt zu etwas zu äussern, ohne sich je damit befasst zu haben.
    Ich denke mal der typ ist einfach pissed von der CWR crew, hoffentlich haben die sein Haus gebombt.

  5. Leider habe ich keine Zeit, eine ebenso polemische Gegenrede auszuformulieren. Aber das hier muss sein – Herr Stölzl tut ja gerade so, als ließe sich Stadtraum und Architektur im gemeinsamen ergebnisoffenen Diskurs bestimmen. Das von ihm so hochgelobte Recht auf Eigentum ist doch das eigentliche Faustrecht. Wenn ich Geld hab, kann ich bauen, gestalten, mitreden, mitbestimmen. Hab ich kein Geld, werde ich maximal geduldet in der Stadt, und wenn ich störe, verdrängt. Die ungleichen Besitz- und Eigentumsverhältnisse derart auszublenden, ist schon ein dicker Hund.

    Ich will damit keineswegs die Sprayer als die Verdrängten und Ausgestoßenen der Stadt romantisieren – aber sie stellen das Prinzip in Frage. Dafür sowieso schon mal Applaus. Außerdem tut Herr Stölzl so, als ob es keine strafrechtliche Verfolgung von Graffiti gäbe. Dass die jahrzehntelange Diskussion um Anti-Graffiti-Gesetze in seinen Augen fruchtlos geblieben ist, ist ja auch nur seine Ansichtssache. Dass nämlich Pauschalverurteilung, massive Überwachung des öffentlichen Raumes und eine Unverhältnismäßigkeit bei dem Umgang mit überwiegend jungen Menschen im Strafrecht sich nicht vollends durchgesetzt haben, könnte auch eine Errungenschaft einer modernen Gesellschaft sein.

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